Sie sind hier: Rezensionen
26.4.2024 : 20:01 : +0200

Finger auf die Wunde - Im Gespräch mit Dr. Walther Gümbel

08.07.2009

Frank Herkommer interviewt für das Willi-Magazin Dr. Walther Gümbel, Amtsarzt für öffentliches Gesundheitswesen im Fachbereich Umweltmedizin beim Staatlichen Gesundheitsamt in Kaiserslautern, zur aktuellen Diskussion über Infektionskrankheiten.

 

Willi: Die Mexikanische Grippe scheint bisher Deutschland zu verschonen. Auch sind Todesopfer bislang uns noch nicht zu beklagen. Ist die Gefahr gebannt? Bereitet sich Ihr Amt auf eine mögliche Pandemie vor? Sollten die Bürger sich bereits jetzt prophylaktisch mit Medikamenten eindecken und hilft die konventionelle Grippeimpfung?

 

Dr. Walther Gümbel: Erster Ansprechpartner bei einem Infektionsverdacht mit dem neuen Grippevirus H1N1 sind die Hausärzte. Diese prüfen, ob die Verdachtskriterien erfüllt sind und verordnen wenn erforderlich, antivirale Medikation oder weisen – nach Schwere der Grippeerkrankung – ins Krankenhaus ein.

Wenn die Verdachtskriterien erfüllt sind, wird das Gesundheitsamt durch die Hausärzte benachrichtigt (Infektionsschutzgesetz).

Dies führt die Umgebungsuntersuchung durch:

- Ermitteln von Kontaktpersonen

- Verordnung von vorbeugender Medikamenteinnahme und Verhaltensmaßnahmen z.B. Tragen von Mundschutz

- häusliche Quarantäne bis zur Aufnahme in eine Isolierstation

Das antivirale wirksame Medikament „Tamiflu“ ist gegen den neuen Erreger H1N1 wirksam und in ausreichender Menge vorhanden, sollte jedoch wegen der medikamentösen Nebenwirkung nur durch den Hausarzt verordnet werden. Eine wirksame Schutzimpfung gibt es voraussichtlich erst in einem halben Jahr. Die letzte Grippenschutzimpfung ist gegen den neuen Grippeerreger unwirksam. Auf kommunaler Ebene sind alle Akteure im Rahmen des Nationalen Influenza Pandemieplanes Rheinland-Pfalz auf ihre jeweilige Aufgaben vorbereitet.

Willi: Warum gibt es keine Zahlen über den Stand der HIV- Infektionen und der AIDS-Erkrankungen in unsere Stadt und im Landkreis? Wer führt Statistik und wie läuft ein Test ab? Wie sieht die landesweite Tendenz der Alt- und Neuinfektionen aus? Gibt es Zahlen über die Mortalität trotz des Fortschritts bei den Medikamenten?

Dr. Walther Gümbel: Die Meldung positiver Laborbefunde von HIV I und II und Syphilis-Erreger Treponema pallidum erfolgt nicht namentlich direkt an das RKI(Robert-Koch-Institut). Im Rahmen der Infektionsstatistik (Epidemiologisches Bulletin) wird das jeweilige Gesundheitsamt über die Situation in der Bundesrepublik Deutschland und des jeweiligen Bundeslandes in Kenntnis gesetzt. Hierbei werden epidemiologisch relevante Veränderungen mitgeteilt. D.h. zum Beispiel Risikogruppen, Geschlecht und Alter. Eine zahlenmäßige exakte Bewertung für Kaiserslautern liegt daher nicht vor.

Das Gesundheitsamt bietet anonyme Testung im Rahmen der Beratung für sexuell übertragbare Erkrankungen jeden Donnerstag von 14-1700 Uhr kostenlos an. Dies geschieht durch eine Blutentnahme und eine Elisa-Testung bzw. Westernbloot-Verfahren auf HIV-Antikörper I und II durch das Landesuntersuchungsamt. Verunsicherte Mitbürger können sich vertrauensvoll an uns wenden und werden, wenn nötig an erfahrene Institutionen in Kaiserslautern, AIDS-Hilfe weitergeleitet.

Im Jahre 2008 ist im Vergleich zum Vorjahr kein nennenswerter Anstieg der HIV-Neuinfektionen zu verzeichnen. Trotz erheblich verbesserter Therapiemöglichkeiten und dadurch deutliche verlängerter Überlebenszeiten, ist die HIV-Infektion nach wie vor nicht heilbar und die antivirale Therapie mit schweren Nebenwirkungen verbunden, die die Lebensqualität einschränken. Die Überlebenszeit hängt von rechtzeitiger Diagnose und Therapie ab. Daher sollte im Verdachtsfall das Angebot zur Beratung und Diagnostik unbedingt wahrgenommen werden.

Willi: Es wird wenig gesprochen über andere, durch sexuelle Aktivitäten übertragbare Krankheiten. Gibt es sie noch, Syphilis den Tripper(Gonorrhöe) und die Hepatitis C? Sind sie heilbar?

Dr. Walther Gümbel: Syphilis, Hepatitis B und C sind ebenfalls sexuell übertragbare Erkrankungen, wobei die Neuinfektionszahlen bei Syphilis besonders in der Risikogruppe homosexueller Personen besorgniserregend ansteigt, jedoch antibiotisch therapierbar ist.

Gegen die sexuelle leicht übertragbare Hepatitis B-Infektion (Tausendmal infektiöser als HIV) gibt es eine wirksame Schutzimpfung. Die Hepatitis C-Infektion kann mit unterschiedlichem Erfolg antiviral therapiert werden und stellt meistens im rahmen einer präoperativen Maßnahme eine Zufallsdiagnose dar. Bei i.V. Drogenkonsumenten ist die jedoch weit verbreitet.

Aktuelles