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Vanden Plas bringt die achte CD auf den Markt: The Seraphic-Clockwork

31.05.2010

Eine mystische Geschichte und Prog Metal so metallisch und hart wie lange nicht mehr- Die Rezension für Willi-Magazin schreibt Frank Herkommer

THE SERAPHIC-CLOCKWORK : Vanden Plas begeistert mit ihrer neuesten CD

Sie ist da, vier Jahre nach der Veröffentlichung der letzten CD, aus der die RockoperChrist0” entstand. Von den Fans heiß ersehnt, über ein Jahr hart erarbeitet, neben den zahllosen Auftritten in München am Staatstheater am Gärtnerplatz mit “Christ0 “, das in dieser Saison seit Monaten das Pfalztheater füllt. Die neue CD, Nummer 8 in der Diskographie von Vanden Plas, die alle hochgesteckten Erwartungen noch übertrifft: “The Seraphic – clockwork”. Songs, die jeden Fan des Pfälzischen Prog Metal Quintetts auf Weltniveau in Entzücken versetzen. Mit den glorreichen Fünfen - Andy Kuntz (Gesang),Stephan Lill (Gitarre), Günter Werno (Keyboards), Torsten Reichert (Bass), und Andreas Lill(Schlagzeug). Musikalisch experimentierfreudig wie selten. Authentisch und nach den ersten Tönen zuzuordnen. Schon bevor die unique Stimme von Andy Kuntz in den Bann schlägt. Härter, gereift, “klassischer”, also progressiver , metallischer als die letzten Produktionen.

Ohne die Balladen zu kurz kommen zu lassen. Songs mit Titeln, die Programm sind: Sieben Psalmen und ein verlorener dazu, “Holes in the sky” (Psalm 2), “Scar of an Angel”(Psalm 3), The final Murder” (Psalm 5). Und sofort weckt diese CD den Wunsch: Das ist der Stoff, aus dem ein Musical, eine Rockoper werden muss! Schon das Bild aus dem Booklet mit Andy und der Uhr müsste einen Bühnenbildner in die Werkstatt treiben und loslegen lassen. Das Tableau der Protagonisten: Kostümbildner, schlagt Euch um den Auftrag! Phantasten können sich austoben. An Tio, dem Uhrmacher aus der römischen Vorstadt. Den Dante nicht tieger in die Hölle und höher in die Himmel schicken hätte können als Kuntz das tut. An Mia Amberlight, halb Beatrice aus der Göttlichen Komödie, halb Maria Magdalena aus Scorseses „Letzter Versuchung Christi“. Weibliche Ausgabe des gnostischen Lieblingsjüngers. An dem apokalyptischen Reiter Todt Corax, der Rabenmann, und seinen Häschertrupps, an Samuel Evangelist Eyliff, dem Verführer der billigen Gnade. An den Jüngern im Garten Gethsemane. Johannes Reitmeier, erhör das Flehen der Jüngerinnen und Jünger von Vanden Plas: Die Bühne frei für The Seraphic- Clockwork.

Der Plot mit allem, was von der führenden deutschen Prog Metal Band erwartet werden darf: Man mische Metaphysik, Theologie und Existentialismus, führe in die geheimnisvolle Welt zwischen Umberto Eccos Foucaultschem Pendel und dem Namen der Rose, vergesse nicht Ingredienzien aus Dan Browns Sakrileg, dazu Anklänge aus den hellenistischen Mysterienreligionen und der Gnosis, das philosophisch-existentielle Problem der Zeitlichkeit, ein wenig Erich von Däniken, wenn die bald 2000 Jahre alte mysteriöse Maschine von Antikythera mit ihrem epizyklischen Differentialgetriebe ins Spiel kommt. Papierdämonen, schon legt sich die Assoziation an “Schatten des Windes” nah. Das Grab der ungelesenen (biblischen) Bücher. Stephen Hawkins kurze Geschichte der Zeit, mit den bekannten Löchern, umgesetzt in eine märchenhaft - mythische Story, die ihren Ausgang nimmt im geschändeten und pestbedrohten Rom des 16 Jahrhunderts. Apokalyptik und Prophetentum, das Phänomen der Glossolalie, Verheißungs- und Erfüllungsgeschichte, Geschick und Schicksal. Nichts ist zu tief, um nicht ergründet zu werden. Der vielgeschmähte Judas wird in seiner Bedeutung für die christliche Erlösungsgeschichte gewürdigt. Ein Kuss erlöst (wie so oft) am Ende die Welt. Aber damit begebe ich mich an die Grenze, dem Ganzen seine Überraschung, Raffinesse und Spannung zu nehmen.

Andy Kuntz, der Lyriker, erschließt einmal mehr den Zugang zu den zentralen Fragen des Glaubens, ohne Zeigefinger, jenseits papierner Langeweile, dogmatischer Enge oder missionarischen Eifers. Seine zentrale Botschaft: Der Ort der Erlösung liegt in dir, in deiner Seele.

Frank Herkommer