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28.4.2024 : 19:11 : +0200

Dekanin Angelika Keller über Kircheneintritte

03.10.2008

Die Dekanin von Kaiserslautern spricht mit Frank Herkommer für "WILLI" über Erfahrungen mit der Wiedereintrittstelle der Evangelischen Kirche

Finger auf die Wunde: 3 Fragen an Dekanin Angelika Keller, Protestantisches Dekanat Kaiserslautern


Willi:

Das Protestantische Dekanat hat am Stiftsplatz in Kaiserslautern eine Kircheneintrittsstelle eingerichtet. Wie sehen die ersten Erfahrungen aus? Konnte die Austrittswelle im Dekanat verlangsamt werden? Ist Kaiserslautern immer noch auf die absoluten Zahlen bezogen eine protestantische Stadt? Konnten Sie Einblicke in die Gründe der früheren Austritte gewinnen und ergeben sich dadurch Konsequenzen für die Arbeit der Kirche?


Dekanin Angelika Keller:

Die ersten Erfahrungen mit der Wiedereintrittsstelle sind sehr gut. Mit 138 Wiedereintritten in den knapp 3 Jahren liegen wir an der Spitze der pfälzischen Landeskirche. Die Menschen schätzen dieses niedrigschwellige  Angebot. Eine Austrittswelle hat es in Kaiserslautern nicht gegeben, sondern wie früher auch ein gewisser Prozentsatz von Menschen, die aus meist finanziellen Gründen aus der Kirche austreten. In absoluten Zahlen gesehen ist Kaiserslautern mit 44 835 Protestanten, gegenüber 32 253 Katholiken, 6 624 Menschen die sonstigen Religionsgemeinschaften angehören und 21 8oo, die keiner Religionsgemeinschaft angehören (die Zahlen sind vom 11.2006) immer noch eine Stadt, in der die protestantischen Christen in der Mehrheit sind..

Die Menschen reden nur in Ausnahmefällen über die Gründe ihres Austritts, und wir bohren da auch nicht nach. Waren es finanzielle Gründe, dann sehen sie mittlerweile, wie qualifiziert kirchliche Arbeit z.B. im diakonischen Bereich  ist, und dass das bezahlt werden muss. Waren es eher seelsorgerliche Gründe, dann kann oft ein Gespräch helfen, alte Verletzungen aufzuarbeiten. Generell ist es wichtig seelsorgerlich mit Menschen umzugehen und sie mit  ihren Fragen und Problemen ernst zu nehmen.




Willi:

An gleicher Stelle im Willi hat Ihr Kollege Pfarrer Norbert Kaiser ein düsteres Zukunftsbild über die finanzielle und personelle Lage der katholischen Kirche gemalt. Wie stellt sich die Lage der Protestanten innerhalb der Evangelischen Kirche der Pfalz dar? Werden auch im Dekanat Kaiserslautern bald Kirchen verkauft, Pfarrstellen gestrichen und Kindergärten geschlossen?


Dekanin Angelika Keller:

Ein ganz so düsteres Bild wie der katholische Kollege Pfarrer Kaiser kann ich nicht malen. Natürlich müssen auch unsre Gemeinden sparen und vieles, was instand gesetzt werden muss, wird sorgfältig geprüft und kann erst begonnen werden, wenn durch Fundraisingmaßnahmen noch zusätzliche Mittel eingebracht worden sind. Da sind manche Gemeinden sehr kreativ. Mittel- und langfristig müssen wir auch die Diskussion führen welche Gebäude sich  die Gemeinden noch leisten können und welche wichtig sind. Mit der Visitation steigen wir in diesen Diskussionsprozess ein. Kirchen werden im Augenblick nicht verkauft, eine Pfarrstelle muss bis 2013 im Dekanat wegen der demographischen Entwicklung eingespart werden, und Kindergärten werden  keine geschlossen, denn die sind bis auf weiteres bis unters Dach voll.


Willi: Wie steht es um die Ökumene bestellt? Kaiserslautern galt lange als Vorreiter. Sind die islamischen Gemeinden beteiligt und überhaupt willens zum ökumenischen Dialog?



Dekanin Angelika Keller:


Die Ökumene mit den Katholiken ist auf vielen Ebenen vorbildlich, angefangen vom gemeinsamen Pfarrkonvent, bis hin zu vielen ökumenischen Veranstaltungen in den Gemeinden, gemeinsamen Sitzungen der Presbyterien und Pfarrgemeinderäten , ökumenischen Gemeindebriefen in den Stadtteilen und vieles mehr. Der interreligiöse Dialog geschieht vereinzelt und kann ausgebaut werden, aber auch da werden erste Schritte getan, wie z.B. am 2.10. im Mehrgenerationenhaus bei einer Veranstaltung.